„Blödes Bild“

JT Augsburg

Jahr: 2024

Regie: Susanne Reng

Bühne u. Kostüme: Stefan Morgenstern

Foto: Frauke Wichmann

Project Description

Ohne Worte?

Das Junge Theater Augsburg zeigt ein Stück über Geschwister(liebe) in Deutscher Gebärdensprache und auf Deutsch. Auf der Bühne sieht man viel Bewegung, Bilder und Tanz – jede*r wird die Geschichte verstehen.
Laaaaangweilig, es ist soooo langweilig, denken sich die drei Darsteller*innen zu Beginn des Stücks auf der Bühne des Abraxas-Theater. Blöd herumsitzen, nichts zu tun haben, da müssen sie sich was einfallen lassen, um nicht vor Langeweile umzufallen. Sie ärgern sich gegenseitig, fangen an miteinander zu spielen, aber nichts hilft nachhaltig. Dann beschließen sie schließlich, zu malen. Doch die kleine Schwester weiß nicht, was. Dann fällt es ihr plötzlich ein: Sie will Schnee malen. Weißer Schnee auf weißem Papier? Das kann nicht klappen und so malt sie ein »blödes Bild«, das schließlich auch noch versehentlich durchnässt wird.
   Die humorvolle musikalische Erzählung »Blödes Bild« erzählt die Geschichte einer kleinen Schwester, die gerne alles so gut können möchte wie ihr großer Bruder, der immer so tolle Ideen hat und eh alles viel besser kann als sie. Sie wird wütend und traurig darüber. Schließlich zeigt ihr Bruder ihr aber, dass sie vielmehr kann, als sie glaubt.
   Die Charaktere von »Blödes Bild« basieren auf das von den Medien hochgelobte gleichnamige Buch von Johanna Thydell. Seit 6. Oktober ist die Theaterinszenierung des Jungen Theater Augsburg in der Regie von Suanne Reng im Abraxas Theater zu sehen. Auf der Bühne agieren die Schauspielerin Julia Keren Turbahn, Musikerin Ellen Mayer und Schauspieler Jan Kress. Sie erzählen die Geschichte der Geschwisterkinder vor allem mit ihren Körpern, denn Kress ist taub*.
D   aher wird im Stück wenig gesprochen und doch ununterbrochen kommuniziert: mit dem Körper, mit der Mimik und Gestik, mit der Gebärdensprache. Denn vieles erklärt sich von selbst, auch ganz ohne Worte. Zudem lernen Groß und Klein beim Betrachten des Schauspiels spielerisch einige Begriffe und Sätze in Deutscher Gebärdensprache.
   Auch diejenigen, die keine Gebärdensprache beherrschen, können der Geschichte gut folgen. Gefühle, wie Frust, Freude, Ärger oder Wut sind universell und können auch ohne ausgesprochene Worte verstanden werden. Vielmehr ist man erstaunt, wie viel man aus dem Kontext heraus verstehen kann, selbst von einer Sprache, derer man nicht mächtig ist. Zusätzlich begleitet Mayer das Spiel stimmungsvoll mit ihren Instrumenten. Mit ihrem Schlagzeug bringt sie in hektischen, aufgeladenen Momenten den Boden zum Vibrieren. Wird es ruhiger und gefühlvoller, hört man nur noch ein Schwingen der Trommeln oder die Geige.
Sowohl Hörende als auch Taube* werden ihren Spaß an diesem neuen Kinderstück (geeignet ab 5 Jahren) haben.

Anna Hahn a3kultur-Redaktion 10.10.2024

„Blödes Bild!“, tolles Stück

Junges Theater Augsburg – für gehörlose und hörendes Publikum
   
Welches Kind hat sich beim Malen nicht schon mal geärgert, weil nicht so wird, wie man es will? Oder sich mit dem Bruder gestritten, weil der alles besser kann als man selbst? Wollkommen in der Story von „Blödes Bild!“. Das Stück für Zuschauer ab fünf nach dem gleichnamigen Buch von Johanna Thydell feierte nun beim Jungen Theater Augsburg Premiere. Regie des neue Werkes führte Susanne Reng.
Vor dem Stück auf der Bühne im Abraxas wie Benedikt Lika Schirmherr von „Bühne frei! Inklusive Öffnung des Jungen Theaters Augsburg“, darauf hin, dass es ein besonderes Stück sei, „weil Hörende und Gehörlose auch im Publikum“ sitzen. Vielleicht habe der eine oder andere danach Lust, Gebärdensprache zu lernen.
Auf der Bühne lieferten die Schauspieler Julia Keren Turban, Jan Kress und Musikerin Ellen Mayer dann auch ein Stück in gesprochenem Deutsch und Deutscher Gebärdensprache ab, gespickt mit jeder Menge Tanz und Bewegung. Die Kinder im Publikum lachten oft hörbar vor Vergnügen, und auch am Ende gab es Fußgetrampel und großen Applaus in Deutscher Gebärden-Sprache und hörbar mit klatschen Händen.

Julia Greif Augsburg Journal Reporter 9.10.2024

Brücke der Verständigung

Junges Theater Augsburg zeigt mit „Blödes Bild!“ ein Stück für hörende und taube Zuschauer. Wie Inklusion auch auf der Bühne funktioniert.
Gesagt wird lange Zeit nichts auf der Bühne. Trotzdem ist die Langeweile, die die beiden Schauspieler Julia Keren Turbahn und Jan Kress sowie die Musikerin Ellen Mayer mit ganzem, auch akrobatischen Körpereinsatz vorspielen, mit Händen zu greifen. Kinder kennen das Gefühl: Egal wie man sich dreht und verdreht, ob man ligt oder Papierküglchen schmeißt: Die Langeweile lähmt. Den ersten Satz „Mir ist langweilig!“ hätten die Darsteller nicht sprechen müssen, um die Situation zu beschreiben. Ihre Gestik, Mimik und die Gebärden der Deutschen Gebärdensprache sagen alles – auch denen, die diese Sprache nicht beherrschen.
   „Bühne frei!“ heißt die „Inklusive Öffnung“ des Jungen Theater Augsburg – und diesmal wurde sie freigegeben für Taube“ – sowohl vor als auch auf der Bühne. Jam „Taube*“ ist das Wort, mit dem sich gehörlosen Aktivisten wieder identifizieren und das Sternchen zeigt, das auch mitgemeint ist, wer schwerhörig , CI-tragend oder spätertaubt ist. Dass auch Hörende ihren Spaß an diesem neuen Kinderstück ab 5 Jahren haben, war bei der Premiere deutlich zu erleben.
   „Blödes Bild!“ ist der Titel eines Bilderbuches von Johanna Thydell, das Regisseurin Susanne Reng nur als Anregung für ihr Kinderstück genommen hatte. Ausgehend von dieser Geschichte über das Verhältnis von Geschwistern, hat sie eine knapp 50-minütige bewegungsreiche Darstellung kreativer und kommuni-kativer Prozesse auf die Abraxas-Bühne gestellt, die den Zuschauer das Wunder der Kommunikation zwischen zwei Menschen – aber auch zwischen Schauspielern und dem Publikum vorstellt.
Dieses Geschwisterpaar -der „große Bruder“ und die kleine „Schwester“ – erlebt offensichtlich Inklusion in der Familie. Denn beide gebärden im Gespräch, aber die Schwester wiederholt oder ergänzt laut die in der Sprache der Tauben* üblichen Gebärdensprache – sie „übersetzt“ damit auch für das hörende Publikum, allerdings ganz beiläufig.
   Jens Kress, Schauspieler, Tänzer, und Performer aus Berlin, ist selbst gehörlos und deshalb geübt darin, seine Gefühle und Gedanken sichtbar und verständlich darzustellen. Sein körperbetontes Spiel wird von Julia Keren Turbahn gespiegelt – hier ergeben sich die überdeutlichen Gesten, die fürs Kindertheater charakteristisch sind, wirklich Sinn und gesprochene Worte geraten in den Hintergrund. Kress zeigt nicht nur die typischen Attitüden des „vernünftigen“ Großen, sondern versucht auch seiner kleinen „dummen“ Schwester Regeln zu vermitteln, mal mehr, mal weniger geduldig.
   Um seine Begeisterung fürs Malen zu beschreiben, gestaltet er mit dem ganzen Körper,wie sich Ideen und Inspirationen entwickeln: aus dem Bauch heraus wandern sie über den Kopf nach außen, bis sie in den tanzenden Fingerspitzen angekommen sind. Ein wunderbares Bild für Kreativität, das Worte nicht annähern so anschaulich benennen könnten.
   Noch vieles mehr erklärt sich von selbst, auch ohne Wirte, Das Schalgzeug von Ellen Mayer ist z.B. inder Lage, über seine Vibrationen Gegenstände hüpfen zu lassen. Und wenn die Schwester über Schnee redet, lässt sie die Papierkügelchen schneien und ihr Bruder assoziiert dazu eine dicken Schneemann. Der speilerische Umgang der Figuren findet auch bei der Auswahl der Gebärden wieder. Klare Bilder haben auch inder Deutschen Gebärdensprache klare Gesten wi „Fenster“ oder „Sonne“. Das macht es Hörenden leicht, sich auf diese fremde Sprache einzulassen.Schirmherr und Stadtrat Benedikt Lika sprach in der Begrüßung seine Hoffnung aus, dass „der eine oder andere Hörende Lust bekommen könnte, die Gebärdensprache zu lernen“. Das wär ein wichtiger Schritt hin zu mehr Inklusion.
„Blödes Bild!“ ist eine von zwei „Profitheater“-Produktionen innerhalb des vierjährigen Prozesse, in dem sich das Junge Theater Augsburg inklusiv ausrichtet und den Cassandra Darabos (auch Regieassistentin neim Kinderstück) leitet. Gefördert von „Aktion Mensch“ soll hier kulturell Inklusion ermöglicht werden, nach dem Stück „Irreparabel“ für Jugendliche hier also mit einem Kinderstück. Zum Projekt gehören auch der inklusive TheaterspielClub „FreiSpiel21“ für Jugendliche und Theater-Workshops in betreuten WG‘s der Caritas. Das ist vielleicht das Auffallendste an diesem langjährigen Projekt: es bezieht nicht nur auf Inklusion im Publikum, sondern wirkt auch inklusiv auf der Bühne.

Daniela Tiggemann Augsburger Zeitung 8.10.2024